Therapeutisches Boxen wird oft mit zwei Männern assoziiert, die sich gegenseitig den Schädel einschlagen, bis einer zu Boden geht. Doch diese Vorstellung ist beim therapeutischen Boxen weit von der Realität entfernt. Als ich das erste Mal eingeladen wurde, eine Sitzung des therapeutischen Boxens zu besuchen, war ich skeptisch und fragte mich: “Wie soll Boxen den Menschen helfen?” Meine Neugierde war geweckt, und so nahm ich die Einladung an.
Was ich dort sah, war beeindruckend. Die Technik, die beim Boxen angewendet wird, war mir vorher nie aufgefallen. Arme und Beine müssen synchronisiert werden, fast wie bei einem Walzer. Beim Mitmachen bemerkte ich, wie fokussiert und konzentriert man sein muss. Man lernt, seine Kraft zu dosieren und hat keine Zeit, an Negatives oder überhaupt an irgendetwas anderes zu denken. Das Gehirn bekommt tatsächlich eine Auszeit. Auch das Feedback der Patienten war durchweg positiv.
Ich war so beeindruckt von dieser Therapieform, dass ich mich entschloss, die Ausbildung zur diplomierten Boxtherapeutin zu absolvieren. Seit einiger Zeit bin ich nun Teil dieses großartigen Teams und bin dankbar, eine Arbeit ausüben zu dürfen, die sowohl Körper als auch Psyche umfasst.
Den Kurs für Erwachsene gibt es schon lange. Neu hingegen ist das therapeutische Boxen für Kinder und Jugendliche. Auch hier war das Feedback durchweg positiv. Ein Kind mit starkem ADHS sagte mir: “Es war so lustig, als ich geboxt habe, war es, als ob ein Männchen in meinem Kopf einen roten Knopf gedrückt hätte, und auf einmal konnte ich mich super konzentrieren!”
Es war faszinierend zu beobachten, wie fokussiert und konzentriert schon kleine Kinder sein können. Ihre Freude und ihr Eifer waren für uns Therapeuten einfach schön zu sehen. Ich freue mich jedes Mal aufs Neue, mit den Kindern zu arbeiten, und für den Ausgleich danach kommen die Erwachsenen. Ob klein oder groß, es ist einfach eine wunderbare Arbeit, die ich verrichten darf, und ich bin wirklich dankbar dafür.
Besonders faszinierend finde ich, wie das Gehirn von dieser Therapie profitiert. Da wäre zum Beispiel die bilaterale Hemisphärenstimulation, die wichtig für die Verbesserung des neuronalen Datenverkehrs und die Förderung des kreativen sowie logisch-analytischen Denkens ist. Dann gibt es noch die Neuroplastizität, die die Fähigkeit des Gehirns fördert, sich zu verändern und anzupassen. Auch das Selbstbewusstsein und die Körperwahrnehmung tragen dazu bei, dass Menschen lernen, ihre Grenzen zu erkennen und sich ihren Ängsten zu stellen. Nicht zu vergessen sind der Stressabbau und die Emotionsregulation. Diese helfen, Anspannung abzubauen und tiefsitzende Gefühle wie Angst, Wut und Unsicherheit zu verarbeiten. Therapeutisches Boxen unterstützt auch Menschen mit ADHS dabei, sich besser zu konzentrieren und zu fokussieren. Es fördert die Freisetzung von Neurotransmittern wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin, die eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Stimmung, Aufmerksamkeit und Impulskontrolle spielen.
Die Verbesserung der Exekutivfunktionen ist entscheidend für die Planung, Organisation und das Setzen von Prioritäten. Dies kann Menschen mit ADHS und anderen Herausforderungen helfen, ihre täglichen Aufgaben besser zu bewältigen. Durch die körperliche Anstrengung beim Boxen wird überschüssige Energie abgebaut, was zu einer Reduktion von Hyperaktivität und Impulsivität führen kann. Die Amygdala, ein Teil des limbischen Systems, spielt eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Angst und Furcht. Therapeutisches Boxen kann helfen, die Aktivität der Amygdala zu regulieren und somit die Angstreaktionen zu verringern
Therapeutisches Boxen ist weit mehr als nur ein Sport. Es ist eine ganzheitliche Therapieform, die Körper und Geist gleichermassen stärkt. Die positiven Rückmeldungen von Patienten, ob jung oder alt, bestätigen den Erfolg dieser Methode. Ich bin dankbar Menschen auf ihrem Weg zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden begleiten zu dürfen.