Lautes Geschrei, weil die Mütze juckt oder der Pulli kratzt. Ein unkontrollierter Wutausbruch wegen eines störenden Geräusches. Wenn ein Kind sehr schnell überreizt ist, könnte es sich um ein hochsensibles Kind handeln. Ein weiterer Hinweis auf Hochsensibilität kann sein, dass das Kind häufig Fragen stellt, die für sein Alter eigentlich zu hoch sind. Es handelt sich dabei nicht um eine Störung, im Gegenteil: Hochsensibilität ist eine spezielle Begabung, die Fluch und Segen zugleich sein kann. Auf der einen Seite sind diese Kinder oft sehr intelligent, wissbegierig und feinfühlig. Auf der anderen Seite kommen sie immer wieder an einen Punkt, an dem sie mit ihren Gefühlen und Empfindungen völlig überfordert sind. Und strapazieren damit nicht selten die Nerven der Eltern.
Umso wichtiger ist es zu wissen, dass die Kinder ihr Verhalten nicht bewusst steuern können. Die Widerstandsfähigkeit, mit schwierigen Situationen im Alltag umzugehen, ist ihnen nicht angeboren. Aber: Sie können sie lernen. Widerstandsfähigkeit oder die sogenannte Resilienz entwickelt sich bei hochsensiblen Kindern aus den Erfahrungen, die das Kind im Familienumfeld und in seiner Umwelt macht. Kinder mit Hochsensibilität haben spezielle Bedürfnisse. Fragt euer Kind, was es braucht, und geht darauf ein. Damit helft ihr ihm, Fähigkeiten und Eigenschaften zu entwickeln, die ihm den Alltag erleichtern und ihm ermöglichen, auch schwierige Lebenssituationen unbeschadet zu bewältigen. Es wird mit der Zeit immer besser funktionieren, das verspreche ich euch als Mutter von zwei hochsensiblen Kindern.
Natürlich ist es für Eltern nicht immer einfach, dem Kind ständig helfen zu müssen, sich zu regulieren. Gerade nicht in einem durchgetakteten Alltag. Manchmal gelingt es besser, manchmal weniger. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Eltern lernen, sich selbst zu regulieren. Ich bringe gerne das Beispiel mit dem Flugzeug. Dort lernt man doch auch, die Sauerstoffmaske zuerst an sich selbst anzubringen und erst dann dem Kind überzuziehen. Sonst seid ihr ihm keine Hilfe. Ihr dürft euch aus der Situation nehmen, wenn ihr merkt, jetzt habt ihr euch gleich nicht mehr im Griff, weil das Kind sich nicht helfen lässt. Atmet bewusst ein und aus. Dies senkt den Cortisolspiegel. Geht zum Kind zurück, wenn ihr euch beruhigt habt. Ihr müsst nicht immer reden und alles erklären. Manchmal ist es sogar besser, einfach wortlos daneben zu sitzen. Zu zeigen: „Ich bin da.“ Wenn das Kind einen Tobsuchtsanfall hat, ist es für Inputs von aussen nicht erreichbar. Nehmt es vielleicht in die Arme und wartet, bis es sich beruhigt hat. Nehmt das Kind in jedem Fall ernst. Sprecht viel mit ihm über seine Gefühle. Stellt gezielte Fragen. Ich nenne es das Zwiebelprinzip: Was geht gerade in dir vor? Wieso fühlst du so? Wo fühlst du es? Was macht es mit dir? Habt keine Angst davor, dass das Kind von den Fragen genervt ist. Mit Fragen stellen fühlen wir Menschen uns erst wahrgenommen. Erwachsene wie Kinder gleichermassen.
Dieser Artikel könnte zu diesem Thema hilfreich sein.
Warum man Kinder tagträumen lassen sollte.